kennst ja

pop-probleme vol. XIV: sieben dinge, die du einfach lassten solltest.

lange gab es keine "pop-probleme"-kolumne, aber die letzten drei bis vier konzerte haben mal wieder gezeigt: das land braucht uns. irgendjemand muss dem gassenvolk schließlich erklären, was so geht und was nicht. hier sind also sieben dinge, die du einfach lassen solltest. heute: auf konzerten.

1. quatschen: ich verstehe ja, dass du so total lebensbejahend bist und unbedingt abends mit deinen coolen freunden ausgehen musst. ich verstehe ja auch, dass du total viel schmotte hast und dir aussuchen kannst, wo du abends hingehst. aber wenn du dich wirklich nur über fernsehen und studivz unterhalten willst, muss es dann ausgerechnet das konzert sein, wo ich auch bin? nein, muss es nicht. also verschwinde. vor allem aus der ersten reihe. und vor allem vom songwriter-konzert mit akustikgitarre.

2. mit den künstlern anlegen: ich sage dir, du wirst den kürzeren ziehen. das hat folgende gründe: die künstler haben per se die sympathie des publikums auf ihrer seite. hey, die leute sind schließlich nicht gekommen, um dich reden zu hören, sondern die band spielen. doch nicht nur sozialpsychologisch, auch räumlich hat der künstler die überlegene position: er steht auf der bühne und ist damit viel größer als du. außerdem hat er ein mikrofon, er kann also auch noch viel lauter brüllen als du. du siehst also, insgesamt hast du relativ schlecht karten. halt doch besser einfach die klappe.

3. bierflaschen umkippen: ich weiß, ich weiß, du bist ein tougher typ und du kannst auch viel mehr trinken als ich. und natürlich will man die vielen flaschen auch irgendwie loswerden. ich weiß auch, dass es überhaupt nichts damit zu hast, dass du betrunken bist (was du keinesfalls bist) - die flaschen kippen ständig von alleine um. stell sie doch einfach nicht vor deine oder sonst irgendwelche füße. die leute werden es dir danken.

4. moshen: in der achtzehnten reihe. beim jimmy eat world-konzert. oder bei tele. wenn du meinst, du bist so ein super harter kerl bzw. total die harte punkgöre, dann geh doch einfach nach vorne. aber komm dann nicht flennend zurück, wenn die großen jungs dich verdroschen haben. hier stehe jedenfalls ich. und dass du mir mit deinem kopf dauernd unters schulterblatt springst, nervt langsam. kennst ja.

5. ununterbrochen fotografieren: klar darfst du ein foto für deine freundin/deinen freund machen. von mir aus auch zwei. mach auch noch eins für deinen hippen blog. und eins für mutti. aber dann reicht's langsam. und das publikum brauchst du auch nicht fotografieren. das sieht eh überall gleich aus, außerdem wird man es auf den fotos deiner beschissenen handykamera sowieso nicht erkennen. und der blitz nervt auch. stell dir vor, es stört auch die künstler, wenn du ihnen deinen teleobjektiv direkt vors gesicht hältst und dann drauflosblitzt.

6. rucksäcke mitbringen: natürlich ist das deine lieblingsband. und du sollst dir ja auch ganz viel merchandise kaufen. aber selbst wenn du das ganze sortiment kaufst, wirst du deinen 27 liter-eastpak mit lebenslanger garantie nicht brauchen. und den fruchtsekt darfst du eh nicht mit reinschleppen. also, lass doch den rucksack einfach zuhause. hör jedenfalls auf, dich damit an mir zu reiben.

7. mitklatschen: ja, es ist ein tolles konzert. da darf man auch ausgelassen sein. aber ausgelassen sein zeigt man nicht durch rythmisches mitklatschen des taktes. damit zeigt man höchstens, dass man auf die hitparade der volksmusik oder die ärzte steht. du kannst dir jetzt aussuchen, was cooler ist.

pop-probleme vol. XIII: der überfluss

die weihnachtsfeiertage inklusive silvester und neujahr in der heutigen zeit bringen vor allem eines mit sich: überfluss. da wird im überfluss geshoppt, geschlemmt und geschenkt. wird man - wie ich - vor allem mit medieninhalten beschenkt, so hat man in der folgezeit ein großes problem: sinnvoll zu verbringende zeit schwindet genau antiproportional zu wachsenden möglichkeiten der multimedialen berieselung.

diese weihnachten hielten für mich folgendes bereit:
house & parish - one, one-thousand (cd ep),
thursday - kill the houselights (cd/dvd),
alan moore & dave gibbons - watchmen (dc comics) und
the orange box (pc-spiele).

solches will natürlich alles gebührend konsumiert werden. allein die house & parish-ep ist etwa fünfunddreißig minuten lang und will ja nicht nur einmal gehört werden. ich fange lieber gar nicht erst davon an, wie lange ich im grandiosen "watchmen" geschmökert habe (endlich!). mit der orange box habe ich noch nicht einmal ansatzweise begonnen zu spielen.

wie man da nach neujahr in einen normalen uni-alltag zurückkehren soll, ist mir ein rätsel. zumal sich mein studium langsam dem ende neigt und dementsprechend viel zu tun ist. ich, der ich ohnehin schon nicht mit überbordender selbstdisziplin gesegnet bin, bin also derzeit hoffnungslos verloren. ausgeliefert. verfallen. dem konsum, dem trödeln und der berieselung, versteht sich.

doch das geht ja (hoffentlich) nicht nur mir so. unsere (westliche) gesellschaft ist nun einmal eine überflussgesellschaft von sondergleichen. da muss sich ein jeder mit den auswüchsen der unterhaltungsindustrie herumschlagen, weil man doch so wahnsinnig viel freizeit hat. ins kino, popcorn und cola, vor die glotze, klingeltöne herunterladen, schnell drei mms verschicken, wieder vor die glotze, ach nein, da spielen die kleinen jetzt playstation, noch schnell eine dvd ausleihen, nebenbei musik raubkopieren, e-mails checken, shoppen shoppen shoppen.

am ende hilft eigentlich nur eines: alles aufbrauchen, aufsaugen, verschlingen. bis ich alles gehört, gelesen, gesehen und gespielt hab'. augen zu und durch.

pop-probleme vol. XII: das ende

independent pop-kultur hat per se vor allem ein problem: sie ist independent. independent sein ist - am beispiel einer rockband - zunächst erst mal eine ideologische entscheidung: will ich unabhängig und frei sein oder unterwerfe ich mich der großen maschinerie der kommerziellen musikindustrie?

diese entscheidung hat anschließend aber auch einen zunehmenden einfluss auf meine praktische arbeit: mache ich mein eigenes ding oder gehe ich zum majorlabel und lasse mir in meine kunst reinreden?

schlussendlich hat diese entscheidung aber eine solche reichweite, dass sie über schicksale von existenzen richten kann: kann ich von meiner band leben oder gehe ich ungehört unter? denn wer nicht erfolgreich ist, der macht irgendwann schlapp. der erfolg muss nicht einmal wirtschaftlicher natur sein, aber wer sich mit seiner band "wir machen die musik nur für uns selbst, als ventil" oder dergleichen einredet, der ist entweder ein egozentrischer frontmann, den seine kollegen am liebsten erwürgen würden, oder einfach ein vollidiot. eine band macht musik, weil sie menschen erreichen will. punkt.

wer ankommen will und das glück hat, entdeckt zu werden, der unterschreibt am ende doch den knebelvertrag beim major. nur hat es sich damit mit der indie-sache auch erledigt. überspitzt dargestellt geht nur eins von beidem: entweder indie, oder erfolg.

wer nicht ankommt, der gibt auf - oder wird abgesetzt. dieses problem betrifft natürlich nicht nur bands, sondern jedwedes phänomen von subkultur, abgrenzung und anders-sein-wollens. das fängt schon in der schule an, wo intelligente junge männer mit etwas nerdigem verhalten und masseninkompatiblem geschmack keinen schlag bei frauen haben. das gilt weiterhin für bands, aber auch für ganze plattenlabels, für fernsehsendungen, kurz: bei jeglicher form von massenorientierter, rezipientengebundener kommunikation.

der größte und zugleich tragischste fall dieses phänomens in der jüngeren deutschen geschichte ist selbstverständlich viva zwei. nach nur sieben jahren und acht millionen d-mark schulden wurde am ersten januar 2002 der sender knallhart dichtgemacht und damit das konzept "musikfernsehen in deutschland" zu grabe getragen (einen schönen nachruf gibt es hier).

und so musste die indie-szene schon viele opfer in form von plattenladenschließungen, label-insolvenzen und band-auflösungen aufgrund mangelden erfolges betrauern - dieses jahr als eines der herzergreifendsten beispiele der abschied aereogrammes von der bühne des hurricane festivals.

zumindest auf dem sektor der medialen berichterstattung über (indie)popkultur gibt es - web 2.0 und user-generated content seid dank - keine sorgen. im gegenteil: die sorgen haben eher die etablierten printmedien angesichts der flut an online-magazinen, webseiten und blogs die ohne die finanziellen risiken eines größeren betriebs redaktionell wertvollen, multimedialen und vor allem aktuellen content liefern können - sofern sie denn wollen. ihr seht also: die lösung sind - wie immer - wir. kennst ja.

pop-probleme vol. XI: gehen die leute...

"... auf der straße eigentlich absichtlich so langsam?" popkultur ist ja nicht immer nur das, was wir von hier oben aus dem elfenbeinturm so betreiben. popkultur ist unter und vor allem anderen kulturindustrie, austauschbarkeit und massenproduktion. insbesondere letztere kriegt man gerade in der vorweihnachtszeit mit dem vorschlaghammer deutlich gemacht, z.b. wenn man mal zufällig durch die fußgängerzone muss.

selbst in einer kleineren großstadt wie jena ist die innenstadt häufig und auch außerhalb dieser jahreszeit fürchterlich überfüllt und ständig stolpert einem jemand vor der nase rum, rempelt einen an oder blockiert gerade einen ausgesprochen schmalen ein- und ausgang. ihr könnt euch sicher vorstellen, wie es momentan hier aussieht. "konsumieren konsumieren konsumieren" scheint das motto. selbst, wenn es nur um schokolade geht.

jeder muss (?) jemand anderen beschenken und erledigt das natürlich ausgerechnet, wenn man selbst nur mal eben zur bank, zur post oder sonstwohin muss. und wehe dem, der daselbst noch das eine oder andere weihnachtsgeschenk für die liebsten braucht. ich kann leider nicht von mir behaupten, ein sonderlich geduldiger mensch zu sein, rein vom biologischen her, sozusagen. daher machen mich auch nur kurze gänge durch überfüllte passagen regelmäßig wahnsinnig.

und sogar in diesem jahr, wo ich damit gesegnet bin, insgesamt nur ein einziges geschenk besorgen zu müssen, kann ich mich kaum noch in die innenstadt trauen. alles ist voll mit leuten, die kaufen und kaufen und einem vor allem den weg versperren. und was dort alles über den ladentisch geht. wenn man ganz ehrlich wäre, müssten doch die meisten menschen zugeben, dass sie eigentlich bereits alles besitzen, was sie brauchen. was soll man da noch verschenken?

dennoch wird konsumiert konsumiert konsumiert. weltraumkaffeemaschine, stereo-waffeleisen, zuckerwatteautomat. in der lokalen großbuchhandlung wartet man fünfundvierzig minuten, bis sein soeben gekauftes geschenk von den eigens angestellten verpackern liebevoll massenabgefertig wurde. omas und opas kaufen tonnenweise videospiele für die lieben kleinen, die die spiele wahrscheinlich noch gar nicht spielen dürfen. ihre großeltern hingegen wissen wahrscheinlich nicht, was sie da eigentlich kaufen. geparkte ehemänner stehen beladen mit einkaufstüten vor der drogerie, der modeboutique und dem tünnefladen während drinnen ihre frauen geschenke für die gesamte großfamilie besorgen.

kommt natürlich alles von herzen, versteht sich. schließlich sind sämtliche geschenke auch unter größtem weihnachtsstress zwischen arbeit, familie, einkauf, haushalt usw. noch mit viel zeit und vor allem liebe sorgfältig ausgesucht. und noch eines weiß ich jetzt schon: sollte man tatsächlich unter bestimmten umständen spontan und weit vor seiner zeit graue haare bekommen können, so wird das mir eines tages in der jenaer goethe galerie der falle sein. versprochen ist versprochen.

pop-probleme vol. X: last christmas

es gibt songs, die sind einfach zeitlos. und es gibt songs, die sind ewiges leiden in der hölle. das erste mal für dieses jahr hörte ich whams "last christmas" bereits im november - beim aufbau des jenaer weihnachtsmarktes. seitdem bin ich gottseidank davon verschont geblieben.

denn das übliche bild sieht ja eher aus, wie folgt: geht man einkaufen - "last christmas". im radio - "last christmas". auf dem weihnachtsmarkt - "last christmas". bei müller auf dem grabbeltisch - "last christmas". und im "musik"-fernsehen: natürlich "last christmas".

weihnachten und musik ist ja generell so eine sache. da kommen die ganzen best of- und fürchterlichen weihnachtsalben von boyzone, mariah carey und christina aguilera raus und lauter solche dinge, die eigentlich kein mensch braucht.

bei uns zuhause lief früher an weihnachten immer so eine kassette mit traditionellen weihnachtsliedern. "o du fröhliche" und haste nicht gesehen. das gedudel hat sich mittlerweile zum glück weitestgehend erledigt. heutzutage läuft bei uns heiligabend dezenter jazz bis soul oder sogar mal der "the o.c."-weihnachts-soundtrack, den meine geschwister anschleppen. man mag ja von der serie halten, was man will - die musikauswahl is die meiste zeit sehr gut.

und sollte ich doch einmal diesen ganz speziellen "kick" zu weihnachten brauchen, so ist auf besagtem soundtrack immerhin noch die jimmy eat world-version (zuvor nur als single erhältlich) des allseits beliebten evergreens zu hören. einfach toll.

Pop-Probleme Vol. IX: Beim Schlagzeuger im Keller oder: mach bitte nich so laut...

Mal ganz ehrlich, wir waren doch eigentlich alle mal irgendwann der Meinung die Musikindustrie mit unserem Können erobern zu können oder? Auch wenn das ein oder andere Bier (oder sonst was) diese Hybris in schwindelnde Höhe hat springen lassen, viele von uns haben es dann doch tatsächlich versucht. Eine eigene Band…

wasserschadenDoch schon gleich nach der ersten Euphorie kommt die erste unumgängliche Hürde zu Ruhm, Drogen und...naja mehr gab die Fantasie ohnehin erste einmal nicht her. Man muss dafür leider ein Instrument spielen können. Und als Zuspätgeborener sogar noch einigermaßen gut, da die drei Akkorde für den nächsten Smash-Hit der Indie-Welt einfach nicht mehr ausreichen. Selbst ohne Instrument seinen Beitrag zum Beispiel durch bierseliges Gegröle oder Geschrei zu leisten (man könnte sagen Singen) will gelernt sein, denn ob man es glaubt oder nicht, selbst für Gekreische bedarf die Stimme disziplinierter Schulung und Übung.

Pillepalle, höre ich da schon einige Leute sagen. Immerhin ist der menschliche Verstand mit einem interessanten Feature ausgestattet, das es ihm quasi erlaubt, sich die Realität Untertan zu machen, genannt Selbstbetrug. In dem kleinen Kosmos einer funktionierenden Bandhierarchie kann man sich ziemlich gut in gemeinsamer Anstrengung für die aller coolsten und besten Musiker des Universums halten. Also, Problem der Instrumentalisierung gelöst.

Hat man sich dann die Instrumente, meistens von seinen Eltern und/oder Konformations-/Kommunions-Geld, zusammenschenken lassen und einige andere unwichtige Besetzungsprobleme gelöst, kommt die eine große und eigentlich wichtigste aller Fragen in diesem schönen Dispositiv, die ausformuliert ungefähr so lauten könnte:

„Weiste wo ich mal mein Schlagzeug hinstellen kann? Hast doch nen Keller oder?“

Komischweise wird das angesprochene Mitglied des jungen Musikensembles, sofern nicht selbst versierter Schlagzeuger, niemals (mit der allumfassenden Bedeutung des Wortes) ein einfaches „Klar, geht bei mir“ (o.ä.) antworten. Egal wie viele parallele Multiversen man sich so vorstellen kann, in jedem gilt die Regel von der Qualität eines Naturgesetzes, dass man nie Daheim beim Sänger, Gitarristen, Bassisten etc. proben wird. Wie die Überschrift bereits vermuten lässt, läuft es in der Abfolge der Ereignisse darauf hinaus im Keller (o.ä.) des Schlagzeugers einen Raum für die neu entdeckte musikalische Kreativität einzurichten und zwar wirklich immer. Ausschließlich. Unumstößlich.

Wenn mir an dieser Stelle zur Widerlegung dieses Umstandes Statistiken vorgelegt werden welche gegenteiliges behaupten, dann sind diese schlichtweg falsch oder manipuliert. Warum nun die Erziehungsberechtigten dem schieren Lautstärke Wahnsinn im eigenen Heim zustimmen? Ich bin mir ziemlich sicher, an dieser Stelle dominiert die Überlegung dem Sprössling im Hinblick auf eine positive Entwicklung Freiraum zu gewähren. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass an dieser Stelle ein Gedanke aus dem Unterbewusstsein der Eltern sinngemäß ungefähr formuliert:

„Wie schlimm kann es schon werden?“

Oder um es in den Worten meiner Mutter zu sagen, als sie auf die Frage nach dem Bandraum antwortete:

„Mach bitte nich so laut…“

Ich bin mir aus eigener Erfahrung sicher, egal welche musikalische Richtung die Band einschlagen wird, diese Bitte wurde und wird definitiv ignoriert.

P.S.: Das Bild zeigt übrigens einen echten Probekeller, mit echtem Wasserschaden in Braunschweig...

pop-probleme vol. VIII: rockfestivals 2007 in der retrospektive

auch dieses jahr habe ich es wieder einmal geschafft und mein jährliches pensum von drei mehrtägigen festivals im sommer erfüllt. auf dem tourplan standen immergut, hurricane und omas teich. bis auf das immergut hat davon allerdings eigentlich nichts mehr so richtig spaß gemacht.

"i'm too old for this shit." (roger murtaugh)

rückblickend muss ich mich also vor allem eines fragen: woran liegt das? bin ich wirklich zu alt für den scheiß? die antwort lautet natürlich nein. so schnell wird man nicht zu alt für festivals (grüße gehen an dieser stelle raus an maike und volker vom hurricane). widrige begleitumstände wie regen, knietiefer matsch und eiseskälte verkrafte ich ja noch. auch an die in schwarzes leder gekleidete ü38-fraktion mit 24/7 metallica- oder wahlweise tote hosen-beschallung aus 800 watt-boxen gewöhnt man sich im laufe der jahre. ermüdungserscheinungen am letzten tag sind ebenfalls ganz normal. und schließlich kommt all das nicht gegen ein festival mit großartigen bands, toller atmosphäre und guten freunden an. dennoch komme ich einfach nicht umhin, zu realisieren, dass etwas nicht mehr stimmt auf deutschen festivals.

"this is not my scene at all." (pale)

mit wachsendem entsetzen muss man vor allem eine immer drastischer zunehmende verjüngung des festivalpublikums beobachten. umgeben von ungezogenen, ja beinahe asiozalen 16- und 17jährigen, die sich schlecht benehmen, schlecht angezogen und schlecht frisiert sind und vor allem lautstark schlechte sprüche über den platz grölen, bekomme ich ein massives abgrenzungsproblem. und so kann natürlich auch keine tolle atmosphäre entstehen. an omas teich musste man sich beispielsweise anhören, dass tomte doch was für alte leute seien und man eigentlich nur wegen madsen da wäre. so sieht's nämlich aus. und ich stelle fest: hier gehöre ich nicht mehr dazu.

"fuck the system - wenigsten 'n bisschen." (blumentopf)

ein weiteres großes manko stellten dieses jahr aber vor allem viele aspekte der festivalorganisation dar. omas teich: kein hörspielzelt, keine teichgames, keine ansagen zu planänderungen auf dem zeltplatz, mies geplantes parken, hässliches gelände. hurricane: viel zu leise bühnen, kein stroh auf knietiefen (bei ca. 1,85 körpergröße) matsch, security tut nichts gegen massenpaniken, keine chance auf plätze vor der bühne, viel zu enger zeitplan. all das kann einem ein festival ganz schön vermiesen, für das man mittlerweile immerhin gute 100 € bezahlt.

"hör ma' rudi, hör ma': lass es sein." (herwig mitteregger)

ingesamt betrachtet muss ich mir gut überlegen, nächstes jahr überhaupt noch einmal zu den zwei besagten festivals zu fahren. und wenigstens das hurricane war immer ein willkommener treffpunkt unter freunden und durfte sich bis zuletzt quasi jährlich meiner anwesenheit erfreuen. auf dem tourplan für das nächste jahr bleiben damit noch das immergut und das melt! und dabei hatte selbst das ewig in den indie-himmel gelobte immergut in diesem jahr beinhart mit minderjährigem gemüse zu kämpfen. zum abschluss nochmal an all die jungs in schwarzen röhrenjeans und weißen allstars... lasst es sein. lasst es einfach sein - euch zuliebe.

pop-probleme vol. VII: die plattensammlung sortieren

das projekt - ein system muss her. platten kauft man sich ja im allgemeinen nicht nur dafür, um darüber zu schwafeln oder damit anzugeben, nein, meist will man sie ja tatsächlich hören.

dafür muss man sie aber erst einmal wiederfinden zwischen der flut von tonträgern, die zu hause so angeschwemmt wurde in all den jahren. um platten für den unmittelbaren musikgenuss schnell wiederfinden zu können, braucht man eine gewisse ordnung - ein system muss her.

nicht nur dein lokaler plattenladen macht es dir vor; sogar zum popkulturellen thema selbst wurde diese frage bereits erhoben: natürlich in nick hornby's "high fidelity". plattensammlung sortieren, pah. was sich für den laien so einfach anhört kann in wirklichkeit zu wissenschaft werden: alphabetisch? chronologisch nach erscheinungsdatum? nach genres? nach cover-farben? gar autobiographisch?

und nicht nur die wahl des systems bereitet schwierigkeiten, auch die systeme selbst haben wiederum ihre kleinen problemchen. autobiographisch: mein gedächtnis ist auch nicht mehr das was es mal war. alphabetisch: "the smashing pumpkins" oder nur "smashing pumpkins"? "the chemical brothers" mit oder ohne? alles nicht einfach. chronologisch: wo kommt jetzt der re-release hin?

jugendsünden hat man sich dann endlich mal für eine systematisierungsweise entschieden, steht man bereits vor dem nächsten problem: wie den ganzen kram unterbringen? cd-ständer wie links abgebildet haben sich im laufe der jahre als höchst unflexibel, ja sogar problematisch erwiesen - von wohnungsästhetischer unzulänglichkeit mal ganz abgesehen -, sodass von diesen dringend abgeraten werden muss. also muss ein anständiges regal her. nur was für eins? ikeas benno für knappe vierzig euro? kann's ja wohl auch nicht sein. für vierzig euro könnte man sich ja mindestens drei platten kaufen. und dass die aufbewahrung teurer ist, als der gegenstand dieser, das geht schon mal gar nicht an.

cd-regal trissa. eine liebe zur musik an der wand. ich persönlich habe ja jetzt die ideale lösung für mich gefunden. natürlich doch von ikea: trissa heißt es und es ist einfach toll. schlicht, einfach zu montieren, sechzig cds passen rein und somit ist es in dreifacher ausführung immer noch günstiger und vor allem größer als besagter benno. und das alles für nur sechs euro vierzehn. und so sieht es jetzt aus:



pop-probleme vol. VI: ausverkauf

mit leichter verspätung, kommt sie doch noch, unsere kleine, (hoffentlich irgendwann mal) allwöchentliche kolumne. irgendwie scheint bei uns gerade der post-semester-/prä-semesterstress einzusetzen, sodass mal wieder zeit für gar nix bleibt.

letzte woche (haha) ging es hier ja um den schlussverkauf - den verkauf des kulturguts musik auf dem grabbeltisch. was könnte da die logischere konsequenz sein, als sich diese woche mit vielleicht dem pop-problem nummer eins zu beschäftigen? natürlich: dem ausverkauf oder auch dem sogenannten "sell-out".

"wer 'ne unbekannte band hört, muss sie hassen, wenn sie trend wird," singt die ziemlich unsägliche, den ärzten nacheifernde band montreal in ihrem song "so lang die fahne weht". gar nicht so blöd für dümmlichen deutsch-punk, steckt doch da im kern viel wahrheit drin.

dümpeln montreal jedoch nach wie vor vollkommen zurecht im deutschen untergrund vor sich hin, so kann es ja fast schon nicht mehr wahr sein, wer sich in den usa (von den deutschen ärzten mal ganz abgesehen) derzeit alles großflächlich "punk" auf die oben besagte fahne pinselt. doch jener komplex soll hier nicht zur debatte stehen, dreht es sich doch dabei um die ausgesprochen dubiose authentizität von für eine bestimmte zielgruppe (hysterisch kreischende siebzehnjährige mit kajalstift) zurechtgemachten retorten-bands wie z.b. simple plan, fall out boy oder story of the year mit einem starken major im rücken, deren grundbedingung selbstverständlich der sell-out ist.

nein, hier geht es vielmehr darum: deine lieblingsband, die du als erster entdeckt hast und die du dann krampfhaft in jeder ausgabe deines handgeschriebenen, handkopierten und handgetackerten fanzines gepusht hast, unterschreibt plötzlich den großen majordeal. jetzt rotieren sie auf mtviva und jump und verdienen (vielleicht) den dicken schotter. du sitzt zu hause und beißt dir in den hintern. "ach die," antwortest du, wenn dich jemand auf sie anspricht. "die kannte ich schon, als sie noch cool waren."

und jetzt? jetzt willst du deine lieblingsband einfach nicht mehr? jetzt sag ich mal was: ich kenne das. ich kenne eine band, die hat mich in den letzten paar jahren vielleicht noch mehr begleitet als oasis und tocotronic. diese band heißt tomte und deren sänger thees uhlmann habe ich im vergangenen jahr das gleiche, also den sell-out jetzt, vorgeworfen, wahrscheinlich mehr als irgendjemandem sonst zuvor. weil mir die band am herzen liegt. und darum möchte ich diesen uhlmann hier mal zitieren:

"[...] Herzblut wird immer klappen. Wenn eine Stimme sich ernsthaft erhebt, merken das die Menschen, die ich gerne 'die Menschen da draussen' nenne, denn sie sind nicht so doof, wie viele denken. Die Leute sind vielleicht nicht 'schlauer', als man denkt, aber sie haben mehr emotionale Intelligenz. Sie können immer noch after all spüren, welches ihre Band ist. [...]" (intro 07/02)

eine lieblingsband, die sucht man sich nicht aus. man wird von der band ausgesucht. vielleicht für ein leben lang. das wurde mir klar, als tomte im letzten juni in unserer stadt spielten. ich war umgeben von den menschen, die ich liebe und vor mir auf der bühne spielte meine band, die ich liebe. die ich immer noch liebe, auch wenn das letzte album ein bis zwei füller enthält. auch wenn der uhlmann bei trl rumgeturnt ist. und man konnte sehen, wie fertig er war, der uhlmann, nach der ganzen scheiße.

in diesem augenblick spielte das alles keine rolle. ich erinnere mich daran, wie ich ihn vor knapp vier jahren bei der berlinova - wir standen angetrunken beim 11 freunde-turnier, als kettcar gerade gegen irgendwen verloren - gefragt habe, warum tomte nicht mitspielten. "weil ich immer noch keine krankenversicherung hab'," hat er geantwortet. aber in diesem augenblick letztes jahr im sommer, konnte ich sehen, dass es ihm trotz alledem endlich besser geht, dem uhlmann da oben auf der bühne.

in diesem augenblick stand ein freund neben mir und hat geweint vor glück. für sie. für mich. für uns. und für die band. weil wir after all immer noch spüren, welches unsere band ist.

pop-probleme vol. V: schlussverkauf

neulich stehe ich so bei (asche auf mein haupt) müller in der cd-abteilung und gehe die "aktion!"-regale durch. da findet man allerhand tolle sachen, die einem vielleicht noch fehlen in der sammlung. schaut man dabei aber auch mal auf den preis - in diesem falle: alles für sieben oi!s - muss man sich ernsthaft fragen, wer daran überhaupt noch verdienen kann. doch mit sicherheit nicht die künstler.

klar sind das auch ältere alben, die mittlerweile eh schon jeder hat (z.b. air - moon safari), teilweise aber musste ich staunen, was da alles verramscht wird - so u.a. auch einige wirklich gute alben des letzten jahres.

stellt sich für mich die frage: kaufen oder nicht? zwei (gar drei?) alben zum aktionspreis oder doch lieber ein vollpreisalbum? denn mit gutem gewissen kann man für so einen spottpreis doch keine musik kaufen. will man so etwas seinen lieblingsbands antun? vom grabbeltisch? wohl eher nicht. ist man dann auch noch - so wie ich - chronisch abgebrannt, ist das dilemma perfekt. kennst ja.

natürlich kenne ich mich kaum damit aus, wie vertraglich geregelt ist, wer beim verkauf einer cd wieviel woran verdient. ziemlich sicher bin ich mir aber dabei, dass in den allermeisten fällen die künstler am schlechtesten dastehen. und selbst wenn cd-verkäufe zu solchen aktionspreisen rechtmäßig ohnehin nicht mehr sache der jeweiligen band sind: es muss doch für eine band ziemlich ernüchternd, ja geradezu demütigend sein, zu erfahren, dass ihr ihr neues album beim schlussverkauf im drogeriemarkt erstanden und nicht am release-tag um sechs uhr morgens bei eurem plattenhändler gewartet habt.

ich für meinen teil werde in zukunft einfach nur noch alben von bands kaufen, die sowieso niemand kennt - nicht einmal ihr hippe indietypen, die ihr sowieso immer noch mehr ahnung habt, als alle anderen. die gibt's dann auch nicht zum aktionspreis - schließlich muss man seine band unterstützen.

seattle

wir sind hier nicht in seattle, dirk.

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