Pop-Probleme Vol. IX: Beim Schlagzeuger im Keller oder: mach bitte nich so laut...

Mal ganz ehrlich, wir waren doch eigentlich alle mal irgendwann der Meinung die Musikindustrie mit unserem Können erobern zu können oder? Auch wenn das ein oder andere Bier (oder sonst was) diese Hybris in schwindelnde Höhe hat springen lassen, viele von uns haben es dann doch tatsächlich versucht. Eine eigene Band…

wasserschadenDoch schon gleich nach der ersten Euphorie kommt die erste unumgängliche Hürde zu Ruhm, Drogen und...naja mehr gab die Fantasie ohnehin erste einmal nicht her. Man muss dafür leider ein Instrument spielen können. Und als Zuspätgeborener sogar noch einigermaßen gut, da die drei Akkorde für den nächsten Smash-Hit der Indie-Welt einfach nicht mehr ausreichen. Selbst ohne Instrument seinen Beitrag zum Beispiel durch bierseliges Gegröle oder Geschrei zu leisten (man könnte sagen Singen) will gelernt sein, denn ob man es glaubt oder nicht, selbst für Gekreische bedarf die Stimme disziplinierter Schulung und Übung.

Pillepalle, höre ich da schon einige Leute sagen. Immerhin ist der menschliche Verstand mit einem interessanten Feature ausgestattet, das es ihm quasi erlaubt, sich die Realität Untertan zu machen, genannt Selbstbetrug. In dem kleinen Kosmos einer funktionierenden Bandhierarchie kann man sich ziemlich gut in gemeinsamer Anstrengung für die aller coolsten und besten Musiker des Universums halten. Also, Problem der Instrumentalisierung gelöst.

Hat man sich dann die Instrumente, meistens von seinen Eltern und/oder Konformations-/Kommunions-Geld, zusammenschenken lassen und einige andere unwichtige Besetzungsprobleme gelöst, kommt die eine große und eigentlich wichtigste aller Fragen in diesem schönen Dispositiv, die ausformuliert ungefähr so lauten könnte:

„Weiste wo ich mal mein Schlagzeug hinstellen kann? Hast doch nen Keller oder?“

Komischweise wird das angesprochene Mitglied des jungen Musikensembles, sofern nicht selbst versierter Schlagzeuger, niemals (mit der allumfassenden Bedeutung des Wortes) ein einfaches „Klar, geht bei mir“ (o.ä.) antworten. Egal wie viele parallele Multiversen man sich so vorstellen kann, in jedem gilt die Regel von der Qualität eines Naturgesetzes, dass man nie Daheim beim Sänger, Gitarristen, Bassisten etc. proben wird. Wie die Überschrift bereits vermuten lässt, läuft es in der Abfolge der Ereignisse darauf hinaus im Keller (o.ä.) des Schlagzeugers einen Raum für die neu entdeckte musikalische Kreativität einzurichten und zwar wirklich immer. Ausschließlich. Unumstößlich.

Wenn mir an dieser Stelle zur Widerlegung dieses Umstandes Statistiken vorgelegt werden welche gegenteiliges behaupten, dann sind diese schlichtweg falsch oder manipuliert. Warum nun die Erziehungsberechtigten dem schieren Lautstärke Wahnsinn im eigenen Heim zustimmen? Ich bin mir ziemlich sicher, an dieser Stelle dominiert die Überlegung dem Sprössling im Hinblick auf eine positive Entwicklung Freiraum zu gewähren. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass an dieser Stelle ein Gedanke aus dem Unterbewusstsein der Eltern sinngemäß ungefähr formuliert:

„Wie schlimm kann es schon werden?“

Oder um es in den Worten meiner Mutter zu sagen, als sie auf die Frage nach dem Bandraum antwortete:

„Mach bitte nich so laut…“

Ich bin mir aus eigener Erfahrung sicher, egal welche musikalische Richtung die Band einschlagen wird, diese Bitte wurde und wird definitiv ignoriert.

P.S.: Das Bild zeigt übrigens einen echten Probekeller, mit echtem Wasserschaden in Braunschweig...

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